Archive for Dezember 25th, 2009

25. Dezember 2009

Kulturkampf im Dirndl und in Lederhosen

Die Ausstellung „Hast Du meine Alpen gesehen?“ widmet sich jüdischem Alpinismus – und damit der enttäuschten Sehnsucht nach Teilhabe und Zugehörigkeit

Wien – Die Ausstellung Hast Du meine Alpen gesehen? – Eine jüdische Beziehungsgeschichte ist eine echte Herausforderung! Würde nicht jeder meinen, Juden und Alpen – das sei einfach unvereinbar, geradezu widersprüchlich? Stattdessen wird uns hier eine unerwartete „love story“ präsentiert: Juden, die es in die Berge zieht. Das stellt all unsere gängigen Vorstellungen von jüdischer Kultur auf den Kopf.

In diesem jüdischen Alpinismus offenbart sich aber noch eine weitere Sehnsucht als jene nach den Bergen: die tiefe Sehnsucht der Juden zu Beginn des 20.Jahrhunderts nach Teilhabe, nach Zugehörigkeit. Das Bergsteigen wurde, wie die Ausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien anschaulich macht, zum bevorzugten Medium der Integration. Es versprach nicht nur ein existenzielles Naturerlebnis, es versprach auch, das Individuum „einzugemeinden“.

Exemplarisch zeigte sich diese Hoffnung in der Kleidung. Die Schau präsentiert zahlreiche Bilder von Juden in Trachten und Dirndlkleidern. Eines der skurrilsten Exponate ist eine Kippa bestickt mit Edelweiß, Enzian und Alpenrausch. Die Trachten bleiben aber eine Verkleidung. Man spielte darin Landleben und „fühlte sich durch und durch heimisch“. Man versuchte, sich damit einen Platz als Einheimischer zu schaffen. Heute, im Wissen darum, wie das Ganze ausgegangen ist, betrachtet man diese verzweifelten Versuche mit großer Beklemmung.

Und gerade angesichts heutiger Debatten um Kleiderordnungen zeigen die enttäuschten Hoffnungen der Juden in Lederhosen, dass Assimilation nicht der richtige Weg der Integration ist. Wie ein Kommentar dazu wirken die zahlreichen Fotografien in der Ausstellung, die orthodoxe Juden in ihrer Tracht in den Schweizer Bergen zeigen. Die schwarz gekleideten Gestalten bleiben darin Fremdkörper. Aber nur deshalb, weil wir alle genaue Vorstellungen haben, welche kulturellen Zeichen zur Bergwelt gehören. Hier erfahren wir anschaulich, wie sehr diese unsere Vorstellungen von den Nazis geprägt sind: 1938 erlassen sie ein Trachtenverbot für Juden. Das heißt, sie legen fest, wer das Recht hat, sich als alpenländisch zu identifizieren. Und sie geben vor, wie diese Identifizierung auszusehen hat. Sie hat Lederhosen an.

Die Alpen waren (und sind) der Kampfplatz, an dem Heimat und Zugehörigkeit verhandelt und entschieden wurde. Und die Ausstellung zeigt, wie die Juden diese Auseinandersetzung mit voller Leidenschaft führten – und wie sie sie verloren haben. Symptomatisch dafür ist die Geschichte der Alpenvereine. Diese weisen Anfang des 20. Jahrhunderts fast ein Drittel jüdischer Mitglieder auf. Ja, ein Jude, der Geologe Eduard Sueß, war sogar Mitbegründer des österreichischen Alpenvereins – unvorstellbar aus heutiger Perspektive, wo diese Institution als Inbegriff der Heimattümelei gilt. Dieses Image ist kein Zufall. Bereits 1921 hat der Alpenverein einen Arierparagrafen eingeführt, der alle jüdischen Mitglieder ausschloss. Eine bis dato unaufgearbeitete Geschichte. Umso erfreulicher ist die Mitarbeit des österreichischen Alpenvereins an der Ausstellung.

„Arisierung der Alpen“

Mit dieser Erzählung ist die Schau aber nicht nur eine Herausforderung für das jüdische, sondern mindestens ebenso sehr auch für das österreichische Selbstverständnis. Sie zeigt eine „Arisierung der Alpen“ , die sich als kulturelle Zuschreibung bis heute fortsetzt. Und sie versucht, das ist wohl ihr spannendstes Moment, dem gegenzusteuern. Durch die Erinnerung an einst namhafte jüdische Alpinisten, mehr noch durch die Rekonstruktion der Anfänge des Skifahrens und des Skitourismus.

Die Kuratoren haben die verschüttete Geschichte von Rudolf Gompez ausgegraben, einem Juden, der den Skilauf als modernen Sport ebenso wie den Skitourismus mitbegründet hat. Man muss sich das ganze Ausmaß dieses Unternehmens vor Augen halten: Hier wird ins Kernstück der österreichischen Identität eine jüdische Geschichte eingeschrieben! Das heilige Skifahren, der umfassende Skitourismus, das identitätsstiftende Moment des Alpenländischen schlechthin, wurde von Juden mitbegründet, miterfunden. Das ist wirklich zutiefst subversiv.

25. Dezember 2009

Vorstellung von Unglück

Neue Studie zeigt Zusammenhang zwischen Komatrinken und der Vorstellung, im Alter unglücklich zu sein

Ein nordirisches Team hat den Alkoholkonsum in Nordirland untersucht und dabei festgestellt, dass junge Männer eher zu gesundheitsschädlichem Verhalten wie zum Beispiel Komasaufen neigen, wenn sie davon überzeugt sind, dass es mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird, glücklich zu sein. In der Vorwegnahme eines „unglücklichen“ Alters versuchen sie, das Beste aus der Gegenwart zu machen, schreiben John Garry und Maria Lohan von der Queen’s University Belfast in Nordirland in der Springer-Fachzeitschrift „Journal of Happiness Studies“ (online).

Obwohl die negativen Auswirkungen übermäßigen Alkohol- und Zigarettenkonsums, schlechter Ernährung und mangelnder Bewegung weithin bekannt sind, trinkt eine große Anzahl Jugendlicher im Übermaß, raucht, isst weder Obst noch Gemüse und verzichtet auf regelmäßige Bewegung. „Könnte es sein, dass gesundheitsschädliches Verhalten vieler Jugendlicher mit ihrer Vorstellung zusammenhängt, dass Glücklichsein mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird?“, fragten sich die ForscherInnen.

Interview-Auswertung

Gary und Lohan werteten über tausend Interviews von Nordiren und Nordirinnen aus, die alle älter als 15 Jahre waren. Die InterviewteilnehmerInnen wurden zu ihrem Alkoholkonsum befragt. Sie wurden gefragt, ob sie Obst und Gemüse essen, rauchen und wie oft sie Sport treiben. Außerdem sollten sie Auskunft darüber geben, wie glücklich sie sich zum Zeitpunkt des Interviews fühlten und einschätzen, wie glücklich sie wohl im Alter von 30 bzw. 70 Jahren wären. Die TeilnehmerInnen, die das 30. bzw. 70. Lebensjahr bereits überschritten hatten, sollten beurteilen, wie glücklich sie sich in diesem Alter fühlen. Die Befragten sollten zudem einschätzen, wie glücklich der Durchschnittsmensch im Alter von 30 bzw. 70 Jahren ist.

Ergebnisse

Obwohl die jungen Leute irrtümlich der Meinung waren, Glücklichsein werde mit zunehmendem Alter immer schwieriger, gab es jedoch in Bezug auf das tatsächliche Glücksempfinden keinen Unterschied in der Selbsteinschätzung zwischen jungen und älteren TeilnehmerInnen. 59 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen wurden als KomatrinkerInnen eingestuft – mehr als die Hälfte der TeilnehmerInnen. Am anfälligsten für Komatrinken zeigten sich junge Männer mit einem pessimistischen Blick auf die Zukunft.

Die StudienautorInnen sind davon überzeugt, dass ihre Erkenntnisse für Gesundheitskampagnen, die junge Menschen über gesundheitsschädliche Verhaltensweisen aufklären sollen, hilfreich sind. Ihr Fazit: „Unsere Erkenntnisse bestätigen, dass der Grund für gesundheitsschädliches Verhalten in der Jugend mit der Vorstellung einhergeht, dass Glücklichsein mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird. Dies trifft insbesondere auf junge Männer zu, die sich einem exzessiven Alkoholkonsum hingeben. Man muss die jungen Leute, und hier insbesondere die jungen Männer, davon überzeugen, dass sich ein geringerer Alkoholkonsum positiv auf ihr Leben auswirkt und Glück im Alter sehr wohl möglich ist.“

Abstract:

25. Dezember 2009

Hält er was er verspricht?

Anhand von Gehirnmessungen lässt sich voraussagen, ob jemand ein Versprechen halten wird oder nicht

Das Versprechen ist eine der ältesten spezifisch menschlichen Verhaltensweisen, welche Kooperationen, Vertrauen und Partnerschaft fördert. Viele soziale und ökonomische Tausch-Situationen im täglichen Leben basieren auf Versprechen – allerdings können diese auch gebrochen werden. An Hand von Gehirnmessungen lässt sich voraussagen, ob jemand ein Versprechen halten wird, hat nun eine Schweizer Studie mit deutscher Beteiligung gezeigt. In ferner Zukunft könnten so vielleicht Betrugsfälle verhindert werden, spekulieren die Autoren.

Messbarer Konflikt

Ein Team um Thomas Baumgartner und den aus Österreich stammenden Ökonomen Ernst Fehr von der Universität Zürich untersuchte die Gehirnaktivität von 26 jungen Männern während eines Geldspiels. Das Spiel war so angelegt, dass Probanden einen finanziellen Vorteil erlangten, wenn sie ein Versprechen brachen. Der Spielpartner hingegen erlitt eine finanzielle Einbuße. Dabei stellte das Forschungsteam fest, dass sich bei Wortbrechern die Aktivität in Gehirnregionen erhöhte, die eine wichtige Rolle bei Emotions- und Kontrollprozessen spielen. Das Gehirnaktivierungsmuster ließ darauf schließen, dass der Wortbruch einen emotionalen Konflikt auslöst, weil die ehrliche Handlung unterdrückt wird.

Die Studie zeigte, dass verräterische Muster der Gehirnaktivierung sogar eine Voraussage erlauben, ob jemand sein Versprechen halten wird oder nicht. Die Forscher ließen die Probanden nämlich vor dem Spiel angeben, ob sie beabsichtigten, das Geld – das ihnen ihr Mitspieler danach anvertraute – zu behalten oder mit diesem zu teilen. Zwar unterscheiden sich Versuchspersonen, die ein Versprechen letztlich halten und solche, die es brechen, zum Zeitpunkt der Versprechensabgabe nicht – beide versprechen hoch und heilig, das Versprechen zu halten. Doch die Gehirnaktivierung entlarvt die späteren Versprechensbrecher schon zu diesem Zeitpunkt.

Vision

Laut Forschern deuten die im Fachmagazin „Neuron“ publizierten Ergebnisse darauf hin, dass Gehirnmessungen bösartige Absichten schon enthüllen können, bevor sie in die Tat umgesetzt wurden. Damit geben sie Visionen Auftrieb, wie sie schon im Hollywood-Film „Minority Report“ von Regisseur Steven Spielberg umgesetzt wurden. Im Film sehen eine Art Hellseher Morde voraus. Eine Spezialabteilung der Polizei zieht die zukünftigen Täter dann aus dem Verkehr.

Dass Gehirnmessungen herangezogen werden können, um betrügerische und kriminelle Machenschaften zu verhindern, liegt laut den Zürcher Forschern aber noch in ferner Zukunft.

Abstract:

25. Dezember 2009

Schwangerschafts-Verbot für GI’s

Kommandeur im Irak will kampfbereite Truppen – Senatorinnen: Weibliche Militärkarrieren würden mit dieser Order schwer abgestraft

Bagdad/Washington – Ein US-Kommandeur im Irak beharrt trotz des Drucks amerikanischer PolitikerInnen auf einem Schwangerschaftsverbot für Soldatinnen in seinen Truppen. Zwar erklärte Generalmajor Tony Cucolo, er habe nicht in Erwägung gezogen, Verstöße gegen die von ihm erlassenen Regel vor einem Kriegsgericht zu ahnden: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dafür einen Soldaten ins Gefängnis stecke“. Am Mittwoch sagte ein Sprecher des Militärs jedoch, der General habe entgegen einiger Medienberichte seine Haltung zu dem Thema nicht geändert.

Verbot, Drogen zu nehmen – und Eltern zu werden

Cucolo kommandiert 22.000 SoldatInnen im Nordirak. Im November hatte er für sie strenge Regeln für Fehlverhalten wie Drogen- oder Alkoholmissbrauch sowie Schwangerschaften verhängt, die über die Vorschriften des US-Heers hinausgehen. Zu den Strafen gehört eine Anklage vor dem Kriegsgericht. Auch verheiratete Paare in Uniform sind davon betroffen. Begründet hatte Cucolo die Regeln mit der Notwendigkeit, möglichst alle SoldatInnen kampfbereit zu halten. Über die genaue Strafe entscheidet der General selbst. Bislang hätten vier schwangere Soldatinnen und vier männliche Soldaten – Partner von werdenen Müttern – einen offiziellen Tadel erhalten, sagte am Mittwoch der Sprecher.

Senatorinnen: Abstrafung von Frauen beim Heer

In den USA lösten die Regeln nicht nur unter Frauenrechtsgruppen Empörung aus. Am Dienstag schrieben vier demokratische Senatorinnen einen Brief an den Staatssekretär des Heeres mit der Aufforderung, die Vorschrift sofort aufzuheben. „Für Frauen, die eine Karriere beim Militär erwägen, kann es nach unserer Ansicht nichts Abschreckenderes geben als das Bild einer schwangeren Frau, die schwer bestraft wird, nur weil sie empfangen hat“, hieß es in dem Brief. Zudem könnten schwangere Soldatinnen aus Angst vor einer Strafe ärztliche Untersuchungen hinauszögern, mit ernsten Folgen für Mutter und Kind.

Die USA haben eine Freiwilligenarmee. Etwa 14 Prozent der SoldatInnen im aktiven Dienst des Heeres sind Frauen.

25. Dezember 2009

Microsoft-Patent könnte dicke Spieler ausschließen

System soll Gesundheitsdaten eines Spielers berücksichtigen – dicke User sollen dicken Avatar bekommen

Während immer mehr Videospiele auf Bewegung und Fitness abzielen, könnte Microsoft in Zukunft Übergewichtige und nicht fitte Spieler vom Spielen abhalten. Das Unternehmen hat im Dezember ein Patent eingereicht, wie Slashdot entdeckt hat, demnach der Avatar eines Spielers dessen „physiologische Eigenschaften reflektieren“ soll.

Gesundheitslevel als Voraussetzung

Aus dem Antrag mit dem Titel „Avatar individualized by Physical Characteristic“ geht hervor, dass Spieler beispielsweise zu einem Wettbewerb nur zugelassen werden, wenn sie gewisse körperliche Voraussetzungen erfüllen. Wer das geforderte Gesundheitslevel nicht erreicht, könnte beispielsweise nur für begrenzte Zeit zum Spiel zugelassen sein. Auch könnte der Avatar optisch an die Eigenschaftes des Nutzers angepasst werden.

Für Project Natal?

So sollen beispielsweise Gewicht, Body-Mass-Index, Blutzucker, Lungenfunktion, Blutdruck und Puls berücksichtigt werden. Die Daten sollen unter anderem von Sensoren oder aus Datenbanken Dritter herangezogen werden. Zudem könnten zur Erstellung des Erscheinungsbildes des Avatars auch die „Intelligenz, religiöser Glaube, politische Einstellung und Hobbys“ eines Users einfließen. Das System könnte in der für Ende 2010 geplanten Bewegungssteuerung „Project Natal“ Einsatz finden, nähere Angaben macht Microsoft dazu jedoch nicht.

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