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23. Dezember 2009

Schneller Weg ins digitale Nirvana

Die „Web 2.0 Suicide Machine“ des Rotterdamer Medienlabors moddr verhilft zum raschen Ausstieg aus Sozialen Netzwerken wie Facebook und MySpace. Per Knopfdruck werden sämtliche Freunde und Daten aus dem eigenen Profil gelöscht. Nutzer können in Echtzeit dabei zusehen.

Aus Sozialen Netzwerken wie Facebook auszusteigen ist zeitaufwendig und kompliziert. Selbst nach der endgültigen Bestätigung des Löschwunsches bleibt immer noch die Ungewissheit, ob die eigenen Profildaten nicht doch noch irgendwo auf den Facebook-Servern lagern.

Die „Web 2.0 Suicide Machine“ macht hingegen kurzen Prozess. Nach Eingabe von Benutzernamen, Passwort und einer kurzen Abschiedsbotschaft an die verbliebenen Freunde genügt ein Knopfdruck, und der eigene Datenbestand wird gnadenlos ausradiert.

„Man kann sich wie mit einem Staubsauger aus dem Sozialen Netzwerk raussaugen“, sagt Gordan Savicic von moddr, das seit Freitag ausstiegswilligen Nutzern von Sozialen Netzwerken mit der „Web 2.0 Suicide Maschine“ zur Hand geht.

„It’s over for me“

Rund 150 Leute haben den Dienst bisher in Anspruch genommen und mit Abschiedworten wie „It’s over for me“, „I’m Out“ und einem schlichten „bye“ ihrer Existenz auf Facebook ein Ende gesetzt.

Dabei konnten sie in Echtzeit zusehen, wie ihr Online-Leben Schritt für Schritt dem digitalen Nirvana überantwortet wurde. Zuerst loggt sich das Programm in den Account ein und ändert das Passwort, danach wird ein Galgen-Sujet in das Profilbild eingepasst und langsam Freund für Freund aus dem Profil entfernt. Das war’s auch schon. „Wenn man auf Facebook ist und keine Freunde hat, ist man so gut wie tot“, erläutert Savicic.

Facebook-Zombies

Die Accounts werden nicht gelöscht, sondern in der Gruppe Social Network Suiciders (SNS) gesammelt – ein trister Haufen von Facebook-Zombies, der nichts und niemandem mehr etwas zu sagen hat.

„Wir haben uns dafür entschieden, die Accounts nicht zu löschen, sondern lediglich die Daten daraus zu entfernen“, erklärt Savicic. Dadurch sei die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Daten auch serverseitig dauerhaft aus der Datenbank verschwinden: „Bei gelöschten Profilen kann man sich nicht sicher sein.“ So können auch die CAPTCHAs (Completely Automated Public Turing test to tell Computers and Humans Apart) umgangen werden, mit deren Hilfe bei der Löschung von Facebook-Accounts Mensch von Maschine unterschieden werden soll.

Von Facebook gibt es bisher keinerlei Reaktionen auf die Aktion des Rotterdamer Medienlabors. Am ersten Tag sei jedoch der Server fünfmal abgestürzt. „Da sind wir schon ein bisschen paranoid geworden“, meint Savicic. Neben Facebook bietet die Selbstmordmaschine auch Ausstiegshilfen aus MySpace und LinkedIn an.

Spielerisch gegen Datensammlungen

Die „Web 2.0 Suicide Machine“ ist nicht das erste Projekt des in Rotterdam lebenden Wiener Medienkünstlers, das sich mit der Datensammlung in Sozialen Netzwerken auseinandersetzt. Mit „PlaySureVeillance“ entwarf Savicic bereits zwei Spiele für die Nintendo DS, bei denen automatisch Facebook-Profile geschaffen und im Laufe des Spiels auch Überschneidungen von Überwachung und kommerzieller Verwertung von Nutzerdaten offengelegt werden.

Die „Web 2.0 Suicide Machine“ soll schon demnächst erweitert werden. Derzeit werde daran gearbeitet, auch Twitter an das Programm anzuschließen, so Savicic: „Das haben sich viele Nutzer gewünscht.“

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