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20. Dezember 2009

Friederike Mayröcker

Friederike Mayröcker, die Grande Dame der österreichischen Literatur ist eine singuläre Gestalt in der literarischen Szene. Das Bild ihrer zettelübersäten Wohnung im 5. Wiener Gemeindebezirk und ihre manische Arbeitsweise haben sie zu einer Art Legende gemacht. Die wort- und bildgewaltigen sprachschöpferischen Kunstwerke der Friederike Mayröcker werden in der Fachwelt hoch geachtet, erreichen aber nur einen eher kleinen Leserkreis. Als „Generalinventur einer großen Dichterin“ ist jetzt ein neuer Prosaband angekündigt, der in den nächsten Tagen in den Buchhandel kommt. Der Titel: „Paloma“.

Vor zwei Jahren, im Frühling 2006, wurde Friederike Mayröcker zusammen u. a. mit Peter Rühmkorf, Brigitte Kronauer, Raoul Schrott und Juli Zeh eingeladen, sich an der Aktion der Hamburger Wochenzeitung „Dichter schreiben Ansichtskarten an die ‚Zeit'“ zu beteiligen. Das hat bei Mayröcker einen Funken zum Überspringen gebracht, der sie bewogen hat, diese Briefe an einen „Lieben Freund“ fortzusetzen.

„Lieber Freund, die weiszen Lilien, die du mir zur Tür gelegt hast, sind eine grosze Lust, mein Schreibzimmer voll Glanz und Duft: das wird mich anfeuern zu schreiben.“ So beginnt der erste von 99 Briefen, die Friederike Mayröcker vom 3. Mai 2006 bis zum 5. April 2007 geschrieben hat. „Paloma“ sei mehr als ein Tagebuch, es sei eine innere Öffnung, sagt die Autorin.

Alltagssplitter und Lektürespuren, Erinnerungsfetzen und Träume führen in den Mayröckerschen Kosmos. Und vieles wird diesmal beim Namen genannt: Weggefährten, Freunde und Freundinnen tauchen auf, Gerhard Rühm und Maria Lassnig, Alfred Kolleritsch und Bodo Hell, Ilse Aichinger, Gert Jonke und allgegenwärtig – ER – Ernst Jandl. „Wir sind stets Verbündete gewesen“, heißt es in einem der Briefe.

Beim Namen genannt werden auch die Beschwerlichkeiten des Alters: Die Angst vor Krankheit, Schwindelanfälle, Bluthochdruck, Schmerzen im Bein. „Ich rücke der Wirklichkeit immer näher“, sagt Mayröcker dazu: „Diese 99 Briefe sind eine Art von Körperbewusstsein einer alternden Dichterin.“

„Erschöpft, verschwende mich Tag und Nacht“, schreibt Friederike Mayröcker an den lieben Freund am 21. Juli um fünf Uhr Früh. Scheinbar unermüdlich schreibt die Dichterin ihr Werk fort und sagt von sich selbst: „Ich bin eigentlich nur noch zum Schreiben da.“

Suhrkamp – Paloma

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