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24. Mai 2011

Go the Fuck to Sleep

So wie Milliarden Eltern hatte Adam Mansbach eine harte Zeit, als seine Tochter im Alter von zweieinhalb Jahren nie einschlafen konnte. Und genauso wie die meisten anderen Eltern hegte auch er nicht nur freundliche Gedanken gegenüber seiner Tochter.

Das ist normal, wie in Elternratgebern nachzulesen ist – und als Psychohygiene wichtig, solange den Gedanken keine Worte oder Taten folgen. In Zeiten von Facebook postet der Mensch seinen Frust. Mansbach schrieb sinngemäß in sein Profil, dass er statt eines Kinderbuchs gerne das Buch „Go the Fuck to Sleep“ vorlesen würde.

Seine Freunde waren so begeistert, dass Mansbach tatsächlich dieses Kinderbuch schrieb, für den kleinen Verlag Akashic Books und selbstverständlich mit dem Hinweis, dass man das Buch besser nicht den Kleinen vorlesen sollte. Darin sind Zeilen enthalten wie:

„Ich weiß, dass Du keinen Durst hast“

„The eagles who soar through the sky are at rest / And the creatures who crawl, run and creep. / I know you’re not thirsty. That’s bullshit. Stop lying. / Lie the fuck down, my darling, and sleep“ (zitiert nach dem britischen „Guardian“). Also: Alle Tiere schlafen – und dann: „Ich weiß, dass Du keinen Durst hast. Das ist Bullshit. Hör auf zu lügen. Leg Dich verdammt noch einmal nieder und schlaf, meine Süße.“

Und: „The cubs and the lions are snoring. / Wrapped in a big snuggly heap. / How come you can do all this other great shit / But you can’t lie the fuck down and sleep?“ Also – auch die kleinen Tiere und Löwen schlafen – „Wie kommt es, dass Du jeden Scheißdreck voll beherrschst / Aber verdammt noch einmal Niederlegen und Schlafen nicht?“ Wer schon einmal kleine Kinder großgezogen hat, der kann die existenzielle Verzweiflung verstehen, die aus diesen Worten spricht.

Plötzlicher Riesenhype

Die Veröffentlichung war noch immer eher als Scherz gedacht, die Auflage entsprechend klein. Doch plötzlich war im Netz eine PDF-Version unterwegs und wurde zum viralen Phänomen. Man verlegte kurzerhand den Erscheinungstermin von Oktober auf Juni und erhöhte die Auflage. Was dann passierte, übertraf die Erwartungen aller Beteiligten: Das Buch wurde – einen Monat vor seinem Erscheinen – nur aufgrund von Vorbestellungen zum meistverkauften Literaturtitel bei Amazon – wohlgemerkt, ein 32 Seiten starkes Kinderbuch, das man keinem Kind vorlesen kann.

Mansbachs Tochter ist nun drei Jahre alt, sie schläft jetzt besser ein, das Schlimmste ist vorüber. Gegenüber dem „Guardian“ sagt der Vater, dass er und seine Frau die ersten dankbaren Leser des Buchs gewesen seien. Das Buch fange die Frustration ein, „in einem Raum mit einem Kind zu sein und das Gefühl zu haben, diesen Raum nie wieder verlassen zu können und also den Rest seines Lebens in diesem dunklen Raum verbringen werden zu müssen, wo man versucht, sein Kind zum Einschlafen zu animieren“.

„Du gehst jetzt nicht aufs Klo“

Später überzeugte das Buch auch prominente Testleser, wie auf der Website des Verlages nachzulesen ist. Der momentan groß gefeierte Autor Jonathan Lethem etwa nannte die Verse „total genial“. David Byrne (Ex-Talking-Heads-Frontman): „Ein Kinderbuch für Erwachsene – ich habe mich kaputtgelacht.“ Das Prinzip hinter dem Buch ist der Tabubruch – und wie gut der tun kann, wissen wir spätestens seit Freud und seinem Buch über die Funktionsweise der Witze.

Ein letztes Zitat sei hier noch wiedergegeben, weil man auf die deutsche Version wohl noch lange warten wird müssen, falls sie überhaupt jemals kommt: „All the kids from day cara are in dreamland. / The froggie has made his last leap. / Hell no, you can’t go to the bathroom. / You know where you can go? The fuck to sleep.“ Frösche und Kinder schlafen also – und: „Verdammt noch einmal nein, Du gehst jetzt nicht aufs Klo. / Weißt Du, was Du machen kannst? Verdammt noch einmal einschlafen.“