Posts tagged ‘Sozialpsychologie’

18. Januar 2010

Monogamie birgt evolutionären Vorteil

Monogame Beziehung laut Untersuchung Win-Win-Situation für beide Partner – historischer Ursprung der Monogamie bleibt unklar

Forscher sehen in der Entwicklung einer monogamen Beziehung deutliche evolutionäre Vorteile für beide Partner. Dadurch, dass Männer im Vertrauen bestärkt werden, dass die gemeinsamen Kinder ihre echten Erben sind und Frauen davon überzeugt sind, dass die Nachkommen Vorteile aus diesem „gesicherten“ Erbe ziehen, ist die monogame Beziehung eine Win-Win-Situation, schreiben Laura Fortunato vom University College in London und Marco Archetti von der Harvard University in der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins Journal of Evolutionary Biology.

Die Betrachtungsweise der Forscher zweifelt jene Theorien über fixe Partnerschaften an, die die Rolle der Religion und der soziologischen Vorteile, Männer vom Kampf um Partnerinnen abzuhalten, hervorheben. Auch diese Theorien kommen zum Schluss, dass das Aufgeben von mehreren Ehefrauen oder Partnerinnen Männer aufopfernder für die Interessen der Gruppe macht.

„Es gibt einige Situationen, in denen die monogame Beziehung die bessere Strategie für beide ist“, so Fortunato. Sie hat ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem man herausfinden kann, wie solche Szenarien tatsächlich funktionieren könnten. Monogamie ist nach Ansicht der Forscher etwa dann für beide besser, wenn das Land zum Anbau knapp ist. „Es ist zu risikoreich, wenig Land unter vielen Nachkommen aufzuteilen.“ Das sei einfach nicht klug.

Historische Ursprung unklar

Die „Erfindung“ der Monogamie bleibt weiterhin ein Rätsel. Feststeht, dass im Codex Hammurabi, dem babylonischen Gesetzeswerk etwa 1.800 vor Christus, Polygamie verboten war. Fortunato hält dies allerdings von der Paarbildung und der sexuellen Monogamie auseinander, welche von frühen Menschen praktiziert wurde. Da in vielen Gesellschaften verschiedene Formen der Polygamie vorhanden sind, könne man nicht von einer „zwangsläufigen“ sozialen Monogamie ausgehen.

In der Modellbetrachtung von Populationen – einmal unter dem Aspekt monogamer, ein anderes Mal unter dem polygamer Männer über zwei Generationen – war Monogamie in frühen agrarischen Kulturen die für beide bessere Variante. „Wie das in der realen Welt tatsächlich ausgesehen haben mag, bleibt allerdings ein Rätsel“, so die Forscher.

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25. Dezember 2009

Vorstellung von Unglück

Neue Studie zeigt Zusammenhang zwischen Komatrinken und der Vorstellung, im Alter unglücklich zu sein

Ein nordirisches Team hat den Alkoholkonsum in Nordirland untersucht und dabei festgestellt, dass junge Männer eher zu gesundheitsschädlichem Verhalten wie zum Beispiel Komasaufen neigen, wenn sie davon überzeugt sind, dass es mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird, glücklich zu sein. In der Vorwegnahme eines „unglücklichen“ Alters versuchen sie, das Beste aus der Gegenwart zu machen, schreiben John Garry und Maria Lohan von der Queen’s University Belfast in Nordirland in der Springer-Fachzeitschrift „Journal of Happiness Studies“ (online).

Obwohl die negativen Auswirkungen übermäßigen Alkohol- und Zigarettenkonsums, schlechter Ernährung und mangelnder Bewegung weithin bekannt sind, trinkt eine große Anzahl Jugendlicher im Übermaß, raucht, isst weder Obst noch Gemüse und verzichtet auf regelmäßige Bewegung. „Könnte es sein, dass gesundheitsschädliches Verhalten vieler Jugendlicher mit ihrer Vorstellung zusammenhängt, dass Glücklichsein mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird?“, fragten sich die ForscherInnen.

Interview-Auswertung

Gary und Lohan werteten über tausend Interviews von Nordiren und Nordirinnen aus, die alle älter als 15 Jahre waren. Die InterviewteilnehmerInnen wurden zu ihrem Alkoholkonsum befragt. Sie wurden gefragt, ob sie Obst und Gemüse essen, rauchen und wie oft sie Sport treiben. Außerdem sollten sie Auskunft darüber geben, wie glücklich sie sich zum Zeitpunkt des Interviews fühlten und einschätzen, wie glücklich sie wohl im Alter von 30 bzw. 70 Jahren wären. Die TeilnehmerInnen, die das 30. bzw. 70. Lebensjahr bereits überschritten hatten, sollten beurteilen, wie glücklich sie sich in diesem Alter fühlen. Die Befragten sollten zudem einschätzen, wie glücklich der Durchschnittsmensch im Alter von 30 bzw. 70 Jahren ist.

Ergebnisse

Obwohl die jungen Leute irrtümlich der Meinung waren, Glücklichsein werde mit zunehmendem Alter immer schwieriger, gab es jedoch in Bezug auf das tatsächliche Glücksempfinden keinen Unterschied in der Selbsteinschätzung zwischen jungen und älteren TeilnehmerInnen. 59 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen wurden als KomatrinkerInnen eingestuft – mehr als die Hälfte der TeilnehmerInnen. Am anfälligsten für Komatrinken zeigten sich junge Männer mit einem pessimistischen Blick auf die Zukunft.

Die StudienautorInnen sind davon überzeugt, dass ihre Erkenntnisse für Gesundheitskampagnen, die junge Menschen über gesundheitsschädliche Verhaltensweisen aufklären sollen, hilfreich sind. Ihr Fazit: „Unsere Erkenntnisse bestätigen, dass der Grund für gesundheitsschädliches Verhalten in der Jugend mit der Vorstellung einhergeht, dass Glücklichsein mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird. Dies trifft insbesondere auf junge Männer zu, die sich einem exzessiven Alkoholkonsum hingeben. Man muss die jungen Leute, und hier insbesondere die jungen Männer, davon überzeugen, dass sich ein geringerer Alkoholkonsum positiv auf ihr Leben auswirkt und Glück im Alter sehr wohl möglich ist.“

Abstract:

25. Dezember 2009

Hält er was er verspricht?

Anhand von Gehirnmessungen lässt sich voraussagen, ob jemand ein Versprechen halten wird oder nicht

Das Versprechen ist eine der ältesten spezifisch menschlichen Verhaltensweisen, welche Kooperationen, Vertrauen und Partnerschaft fördert. Viele soziale und ökonomische Tausch-Situationen im täglichen Leben basieren auf Versprechen – allerdings können diese auch gebrochen werden. An Hand von Gehirnmessungen lässt sich voraussagen, ob jemand ein Versprechen halten wird, hat nun eine Schweizer Studie mit deutscher Beteiligung gezeigt. In ferner Zukunft könnten so vielleicht Betrugsfälle verhindert werden, spekulieren die Autoren.

Messbarer Konflikt

Ein Team um Thomas Baumgartner und den aus Österreich stammenden Ökonomen Ernst Fehr von der Universität Zürich untersuchte die Gehirnaktivität von 26 jungen Männern während eines Geldspiels. Das Spiel war so angelegt, dass Probanden einen finanziellen Vorteil erlangten, wenn sie ein Versprechen brachen. Der Spielpartner hingegen erlitt eine finanzielle Einbuße. Dabei stellte das Forschungsteam fest, dass sich bei Wortbrechern die Aktivität in Gehirnregionen erhöhte, die eine wichtige Rolle bei Emotions- und Kontrollprozessen spielen. Das Gehirnaktivierungsmuster ließ darauf schließen, dass der Wortbruch einen emotionalen Konflikt auslöst, weil die ehrliche Handlung unterdrückt wird.

Die Studie zeigte, dass verräterische Muster der Gehirnaktivierung sogar eine Voraussage erlauben, ob jemand sein Versprechen halten wird oder nicht. Die Forscher ließen die Probanden nämlich vor dem Spiel angeben, ob sie beabsichtigten, das Geld – das ihnen ihr Mitspieler danach anvertraute – zu behalten oder mit diesem zu teilen. Zwar unterscheiden sich Versuchspersonen, die ein Versprechen letztlich halten und solche, die es brechen, zum Zeitpunkt der Versprechensabgabe nicht – beide versprechen hoch und heilig, das Versprechen zu halten. Doch die Gehirnaktivierung entlarvt die späteren Versprechensbrecher schon zu diesem Zeitpunkt.

Vision

Laut Forschern deuten die im Fachmagazin „Neuron“ publizierten Ergebnisse darauf hin, dass Gehirnmessungen bösartige Absichten schon enthüllen können, bevor sie in die Tat umgesetzt wurden. Damit geben sie Visionen Auftrieb, wie sie schon im Hollywood-Film „Minority Report“ von Regisseur Steven Spielberg umgesetzt wurden. Im Film sehen eine Art Hellseher Morde voraus. Eine Spezialabteilung der Polizei zieht die zukünftigen Täter dann aus dem Verkehr.

Dass Gehirnmessungen herangezogen werden können, um betrügerische und kriminelle Machenschaften zu verhindern, liegt laut den Zürcher Forschern aber noch in ferner Zukunft.

Abstract:

23. Dezember 2009

Wie Narzissmus die Partnerschaft beeinflusst

Die Folgen einer auffälligen Selbstverliebtheit haben Bochumer Sozialpsychologen untersucht

Wenn der Partner seinen Beitrag zur Beziehung ständig überschätzt oder die Partnerin meint, für ihren Einsatz bekäme sie zu wenig zurück, sollte das Warnsignal sein, so Bochumer Sozialpsychologen um Werner Bierhoff. Eine verzerrte Selbstwahrnehmung deute nämlich möglicherweise auf Narzissmus hin – im engeren Sinn eine auffällige Selbstverliebtheit. Die Folgen wären nicht zu unterschätzen, können solche Beziehungen doch eine ausbeuterische Tendenz haben.

In drei aktuellen Studien an der Ruhr-Universität Bochum geht es um klinisch unauffälligen „normalen“ Narzissmus. Nach Angaben der Universität breitet sich die sogenannte narzisstische Persönlichkeitsstörung weltweit wie ein Virus aus.

Studiendesign

In die erste Studie bezogen die  Psychologen rund 250 Studierende im Alter von rund 25 Jahren ein. Alle lebten seit etwa 42 Monaten in einer festen Beziehung teils im eigenen Haushalt. In einer weiteren Studie wurde das gesunde Selbstbewusstsein extra erfasst, um es als möglichen Einflussfaktor ausklammern zu können. Schließlich nahmen an der dritten Studie rund 50 Elternpaare von Studierenden teil, die im Schnitt 51 Jahre alt und 26 Jahre verheiratet waren.

Das Team um Bierhoff erfasste mit dem Narzisstischen Persönlichkeitsinventar (NPI) zunächst die individuelle Ausprägung des Narzissmus. Schließlich beurteilten die Paare jeweils die eigene Attraktivität und die des Partners: Dabei ging es um die Wahrnehmung der äußeren Erscheinung, um Statusfragen wie Bildung und Einkommen oder auch um die Anziehungskraft der Partner.

Ergebnisse

Deutlich erhöhte Werte für Narzissmus traten bei etwa einem Fünftel der befragten Studierenden auf. Damit wird zugleich eine US-amerikanische Studie bestätigt, in der schon 1986 jeder siebente Studierende erhöhte Werte erreichte, die bis zum Abschluss der Untersuchung im Jahr 2006 kontinuierlich anstiegen, so die Universität.

Welche Konsequenzen Narzissmus für die Partnerschaft hat, zeigten nun die Bochumer Untersuchungen: Je narzisstischer die befragte Person, umso mehr überschätzt sie die eigene Attraktivität und damit zugleich die eigenen Beiträge zur Partnerschaft. Die verzerrte Selbstwahrnehmung äußert sich darin, dass Narzissten die Leistung des Partners geringer einschätzen als die eigene und kaum würdigen. Die narzisstische Person übt in der Beziehung ständig Druck auf ihren Partner aus.

Bei den Elternpaaren fielen die Antworten zwar weniger narzisstisch aus, doch auch bei ihnen war der Narzissmus mit einer höheren Bewertung der eigenen Beiträge verbunden. Zudem zeigte sich hier ein interessantes Phänomen: Die eigene Überschätzung eines Elternteils ging mit einer geringeren Selbsteinschätzung beim anderen Elternteil einher. Diese komplementären Urteile führten letztlich zu einer übereinstimmenden Bewertung beider Partner. Hinsichtlich der Geschlechter hatten sich übrigens keine Unterschiede gezeigt, weder bei den Studierenden noch bei den Elternpaaren.

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